Trauma ist oft subtiler, als wir es uns vorstellen. Es geht nicht nur um dramatische Ereignisse, sondern auch um frühe, unbewusste Erfahrungen, die unser Verhalten und unsere Beziehungen prägen. Diese Prägungen können unbewusste Schutzmechanismen aktivieren, die uns zwar einst Sicherheit boten, heute jedoch hinderlich sein können. Führungskräfte, die diese Prägungen verstehen und bearbeiten, können ihr volles Potenzial entfalten und ihre Führungsqualitäten deutlich verbessern.
Was bedeutet traumainformiertes Coaching?
Traumainformiertes Coaching bietet ein tiefes Verständnis der Wechselwirkung zwischen früher Bindung und aktuellem Verhalten. Ein zentraler Ansatz ist das Neuroaffektive Beziehungsmodell (NARM), das sich auf die Identifikation und Auflösung alter Schutzmuster konzentriert. Diese Schutzmuster entstehen oft in frühen Lebensphasen, um emotionalen oder körperlichen Stress zu bewältigen, können aber in Führungspositionen zu Herausforderungen wie Perfektionismus, Kontrollbedürfnis oder Schwierigkeiten in der Kommunikation führen.
NARM legt besonderen Wert auf die Arbeit im Hier und Jetzt. Anstatt vergangene Erlebnisse detailliert zu analysieren, wird der Fokus darauf gelegt, wie sich alte Muster in aktuellen Verhaltensweisen zeigen. Diese praxisnahe und lösungsorientierte Herangehensweise ermöglicht es, konkrete Veränderungen zu erzielen, die sowohl beruflich als auch persönlich wirksam sind.
Warum ist das für Führungskräfte relevant?
Die Anforderungen an Führungskräfte sind hoch: Sie tragen Verantwortung für Teams, müssen schnelle Entscheidungen treffen und dabei mit Stress, Unsicherheiten und komplexen Beziehungen umgehen. Unbewusste Schutzmuster können diese Aufgaben erschweren, indem sie beispielsweise emotionale Reaktionen verstärken, Konflikte eskalieren lassen oder das Vertrauen im Team untergraben.
Ein traumainformierter Ansatz unterstützt Führungskräfte dabei:
Emotionale Resilienz zu stärken: Sie lernen, mit Stress und Herausforderungen gelassener umzugehen.
Authentizität zu entwickeln: Alte Schutzmechanismen werden durch bewusste und effektive Verhaltensweisen ersetzt.
Bessere Beziehungen aufzubauen: Empathische und klare Kommunikation fördert Vertrauen und Teamzusammenhalt.
Wissenschaftliche Grundlagen und Nutzen
Traumainformierte Ansätze wie NARM basieren auf neuesten Erkenntnissen aus der Neurobiologie und Psychologie. Studien zeigen, dass die Arbeit mit Bindungs- und Schutzmustern die Fähigkeit zur Selbstregulation stärkt, emotionale Stabilität fördert und die Qualität sozialer Beziehungen verbessert (Siegel, 2012). Diese Fähigkeiten sind insbesondere für Führungskräfte entscheidend, da sie direkten Einfluss auf die Dynamik und Leistung ihrer Teams haben.
Ein Beispiel: Eine Führungskraft, die sich ihrer Bindungsmuster bewusst wird, kann empathischer und klarer kommunizieren. Dadurch verbessert sich nicht nur das Vertrauen im Team, sondern auch die Zusammenarbeit und die Fähigkeit, gemeinsam kreative Lösungen zu entwickeln.
Zudem hat die Fähigkeit, im Hier und Jetzt präsent zu sein, weitreichende Vorteile. Präsenz hilft Führungskräften, fundierte Entscheidungen zu treffen und Stress zu reduzieren, was wiederum die Teamdynamik positiv beeinflusst (Van der Kolk, 2014).
Praktische Anwendung im Coaching
Ein traumainformiertes Coaching beginnt oft mit der Erkundung aktueller Herausforderungen und der Identifikation zugrunde liegender Muster. Dies geschieht in einem sicheren Rahmen, der es ermöglicht, alte Schutzmechanismen zu hinterfragen und neue, effektivere Strategien zu entwickeln.
Zum Beispiel könnte eine Führungskraft, die in stressigen Situationen dazu neigt, sich zurückzuziehen, lernen, präsenter und offener zu bleiben. Diese Veränderung wirkt sich direkt auf ihre Fähigkeit aus, in kritischen Momenten klare und empathische Entscheidungen zu treffen.
Fazit
Traumainformiertes Coaching ist ein Gamechanger für Führungskräfte, die nachhaltig wachsen und authentisch führen möchten. Es ermöglicht nicht nur, aktuelle Herausforderungen zu meistern, sondern legt den Grundstein für eine tiefgreifende, transformative Entwicklung. Führungskräfte profitieren von mehr emotionaler Resilienz, besseren Beziehungen und einer authentischen Präsenz, die sie inspirierend und wirkungsvoll macht.
Quellen:
Siegel, D. J. (2012). The Developing Mind: How Relationships and the Brain Interact to Shape Who We Are.
Van der Kolk, B. A. (2014). The Body Keeps the Score: Brain, Mind, and Body in the Healing of Trauma.
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